Aller guten Dinge sind 4 – im Atelier bei Dennis Konstantin
Ja, es brauchte einige Anläufe, bis ich es am 07. Mai endlich schaffte, Dennis Konstantin in seiner Atelierwohnung im Hamburger Karolinenviertel, mitten im Herzen des schillernden Stadtteils St. Pauli zu besuchen. Doch der lange Atem hat sich gelohnt, denn der Besuch bei Dennis ermöglichte mir Einblicke in eine zauberhafte Welt voller vielschichtiger Farbräume und philosophischer Ideen.
Als ich mit etwas Verspätung aufgrund mangelnder Parkplätze wegen des St. Pauli Abstiegspiels bei Dennis eintrudele ist er noch ziemlich geschlaucht von der vergangenen Nacht, die er bis fünf Uhr morgens durchgearbeitet hat. Grund dafür ist ein etwa 2m hohes Kunstwerk, an dem er bereits 1 ½ Jahre arbeitet. Nächste Woche soll es fertig sein, da die Prog Metal Band WHITE ARMS OF ATHENA aus Texas sein Werk in ihrer demnächst erscheinenden CD abdrucken will. Für Dennis ist das eine gute Chance sein Bild gleich 10.000 mal drucken zu lassen. Und dieses Bild hat es wirklich in sich, denn Dennis hat sich hier zur Aufgabe gemacht, verschiedenste spirituelle Ansätze auf einer einzigen Leinwand in ihrer Tiefe zu erfassen.Eine sehr verkopfte und anstrengende Arbeit für den jungen Künstler, denn der Weg seiner Wahl geht immer mehr dahin, sich von der Gegenständlichkeit in der Malerei zu lösen. Vielmehr als der phantastischen Malerei fühlt er sich deshalb auch Malern wie Kandinsky verwandt, dessen Erbe er aufgreift indem er es aus der Zweidimensionalität in die dritte Dimension überführt. Ich hab nicht ganz begriffen wie es funktioniert, aber mit Hilfe einer speziellen Brille gelingt genau dies. Dennis Bilder verstärken ihre ohnehin schon plastische Tiefe und ich tauche in einen dreidimensionalen Raum ein.
Und dieser Raum ist wohl auch das, worum es Dennis in der Malerei geht. Es sind nicht so sehr Geschichten die er erzählen möchte, vielmehr macht er die allem innewohnende Struktur der Dinge sichtbar, das Wabern der Atome und die Schwingungen im Raum, aus denen wir bestehen, aus denen alles besteht und die wir vielleicht nur nicht sehen können, weil wir uns als Materie gewordene Manifestation dieser Schwingungen meistens nicht die Zeit dafür nehmen. Und vielleicht auch, damit Dennis einen Grund hat, uns diese Innenwelten des Lebens, das Lebendige an sich vor Augen zu führen. Das macht er, indem er aus vielen aufeinanderliegenden Ebenen seine Gemälde aufbaut, und jeder der sie betrachtet sieht wohl am meisten und fühlt sich am wohlsten in der Ebene, die am besten zu ihm und seinem momentanen Seinszustand passt. Doch in seiner Kunst geht es Dennis um etwas Größeres als nur um ein Gefühl. Es geht um Realitäten und Ahnungen davon, wie die Dinge wirklich aussehen.
All das benennt der Künstler mit den Worten „gequantelter Realismus“. Ob denn seine Malerei Abbild dieser inneren Strukturen ist, will ich wissen. Dennis räumt ein, dass man die ja nicht sehen kann. Wie es im Inneren wirklich aussieht wisse niemand. Seine Bilder sind daher eher gefühlt, denn mit den Gefühlen kann man sich diesen Realitäten am besten annähern. Vielleicht sind sie auch eine Mischung aus Impressionismus und Expressionismus, phantastisch geprägt, doch aber immer in eine abstrakte Richtung geführt. Das Abstrakte verfolgt er dabei immer mit dem Hintergedanken darzustellen, dass die Welt eine große Einheit und alles miteinander verknüpft ist, dass alles zusammen schwingt. „Meine Bilder werden abstrakter und komplexer. Ein Bild ist ein Bild und muss geil aussehen und ein gewisses Maß an Technik aufweisen“.
Längst haben wir die Altbauwohnung verlassen und sitzen nun auf einem einladenden Platz im Karoviertel. Diese Dinge erzählt Dennis mir bei einer Flasche Bionade, während über uns die Sonne genüsslich zu einem herrlichen Sommertag brennt und um uns herum reges Flohmarkt-Treiben herrscht. Und ja … je tiefer Dennis mich in seine Weltanschauung hineinführt, desto deutlicher kann ich die Schwingungen um mich herum spüren und die bunten Linien wahrnehmen, die die Menschen, Klamotten und anderen feilgebotenen Flohmarktartikel, wie die am Mülleimer stehengelassene Schallplatte, um mich herum ausmachen.
Und hier habe ich einen guten Übergang gefunden, denn auch die Musik spielt in dem Werk von Dennis eine wichtige Rolle. Er nutzt die Stimmung vieler verschiedener Musikstile die ihn während des Malens in die spontane Aktion bringen. Er plant seine Bilder nicht, fängt mit Chaos an, schaut in welche Farben und Formen er gehen will. Wenn er vorher schon wüsste, was er malen will, dann gäbe es das Bild schon, meint er. Er bräuchte es nicht mehr zu malen. Stattdessen will er selbst etwas entdecken beim Malen.Erstaunlicherweise klingen Dennis‘ Erläuterungen dazu, warum er Künstler geworden, ist ansonsten erst mal sehr ehrlich rational. Er hatte die Vorstellung, dass man als Künstler keine Autoritäten über sich haben würde denn es widerstrebt ihm, sich diesen unterzuordnen. Das hat ihn dazu veranlasst, mehr zu malen. Gleich im ersten Jahr nach seinem Innenarchitektur-Studium haben ihm Leute Bilder abgekauft, wie er fast erstaunt feststellt. Dann hat er einfach weiter gemacht bis er davon leben konnte. Heute lassen sich seine Bilder für ihn nicht mehr wegdenken. Es fühlt sich gut und richtig für ihn an, dass sie da sind. Sie müssen da sein, betont er.
Von seinem Vater, dem surrealistischen Künstler Helmut Gerigk hat Dennis viel über Farbe gelernt. Von seiner Zeit bei Ernst Fuchs berichtet er nicht viel. Nur so viel, dass er Arbeiten an dessen Bildern übernommen hat. Und er hat es auch gar nicht nötig, sich mit großen Namen zu schmücken, denn das Werk von Dennis hat eine so eigenständige und wirkungsvolle Kraft, dass ich es kaum glauben kann, dass er sich noch nicht einmal lange mit der Malerei beschäftigt. Das erste Acryl Bild entstand 2004, blieb jedoch unvollendet. Weitere folgten 2006. Und erst 2007/08 fing er richtig an zu malen.Zu seinem Können sagt er, dass er sich wie ein Diplomand im Vordiplom fühlt. Ein richtiger Künstler will er erst noch werden. Meiner Meinung nach ist er das schon lange! „Wenn man jeden Tag malt erschließt sich einem die Malerei. Dann hat man langsam raus, wie man den Pinsel halten muss, muss aber noch 1000 Tage mehr malen, um ein Meister zu werden“, meint er dazu.
Ob denn Hamburg eine gute Stadt für seine Malerei ist, will ich wissen. Dennis lebt gerne in Hamburg und fühlt sich wohl unter Menschen, die einander tolerieren. Als Künstler ist es aber leider nicht immer leicht, seine außergewöhnlichen Werke auszustellen und hier wie anderswo Erfolg zu haben. Selbst wenn es Interessenten gibt, so diktiert der Kunstmarkt doch eher andere Sehgewohnheiten, die weitaus minimalistischere Kunst vorgibt. Es gibt so viel Zeug und so viele tolle Leute.
Für mich endet dann auch langsam ein schöner Tag in einer lebendigen Stadt. Ich schlendere noch durch die Lädchen und lasse mich noch ein wenig von materialisierten Energien einnehmen. Dann fahre ich zurück nachhause.
Text und Fotos: Daniela Wolter
Ein interessanter Artikel. So habe ich einiges über den Künstler Dennis Konstantin erfahren.