Im Gespräch mit Martin Georg Oscity

Martin Georg Oscity„Ich bin Kunstmaler geworden, weil ich meine, mit meiner Kunst Wichtiges aussagen zu können. Ich will nicht nur schöne Bilder malen sondern ein Zwiegespräch mit dieser Welt führen. Ich möchte eine Brücke sein zwischen dem Diesseits und dem Jenseits, wenn auch nur eine klitzekleine …”, sagt der in der Slowakei geborene und in München lebende Künstler Martin Georg Oscity über sich und sein Werk. Im Jahr 2000 gründete er die „Visionart“, um der Wichtigkeit des „göttlichen Funken“ in der Kunst Ausdruck zu verleihen. Eine ebenso schöne wie aussagekräftige Definition von „Visionart“ finden Sie auf der Webseite des Künstlers.
Bei der 1. Biennale der phantastischen Kunst im September 2010 in Viechtach überraschte Martin Georg Oscity mit breiter künstlerischer Vielseitigkeit. Einerseits waren seine beeindruckenden Werke im Rahmen der Biennale ausgestellt und andererseits eröffnete er mit einer wunderbaren klassischen Gesangsdarbietung den offiziellen Teil der Ausstellung.

Martin, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für dieses Interview nimmst. Du bist ja als Maler bereits international bekannt, aber nur wenige wussten vor der Biennale, dass Deine zweite große Leidenschaft der klassische Gesang ist. Wann hast Du Dein musikalisches Talent entdeckt – und wie wichtig ist für Dich der künstlerische Ausdruck über unterschiedliche Kanäle?

Pantokrator, 1988Ich liebe die Vielseitigkeit da sich dadurch die unterschiedlichsten Erfahrungsbereiche beinflussen und so neues entdeckt wird. Man weiß wie wichtig so was ist, wenn man gerade als Künstler stets nach neue Ideen Ausschau hält. Das Gehirn verbindet die unterschiedlichsten Areale auf der Suche nach neuen zündenden Ideen. Ein Kunstschaffender sollte meiner Meinung nach ein breites Interesse haben um letztendlich das zu entdecken, was seine Persönlichkeit ausmacht. Die Musik ist die beste Medizin fürs Leben, egal ob passiv oder aktiv. Ich bin mit zwei aktiven Musikern aufgewachsen, meiner Mutter und meiner Tante. Mutter hat täglich Klavier gespielt, die Tante Bratsche. Als Kind spielte ich Klavier, dann gab es eine lange Pause da die Malerei mein ganzes Interesse eingenommen hatte, doch je älter ich wurde, umso aktiver wurde ich in den Gesangsvereinen und auch privat und im Kirchenchor. Seit über 10 Jahren trete ich als Solist auf. Es erforderte viel Mut und Zeit, mit ca. 45 Jahren Gesangsunterricht von Profis zu nehmen. Ich wusste, das Niveau ganz oben erreiche ich nie, aber ich bin ein Enthusiast und übe täglich fleißig, auch wenn es nur einige Minuten sind. Zwei Faktoren haben mir diese Entscheidung erleichtert. Meine Mutter und Freunde sagten, mein Vater konnte sehr schön singen. Er starb sehr jung. Dann sang ich bei verschiedenen unbedeutenden Anlässen und mehrere Opernsänger sprachen mich darauf an ob ich Profi wäre und bei wem ich studiert hätte … als ich zugeben musste, dass ich bei niemanden in Ausbildung war, empfahlen sie Katharsis der Erde, 1985mich weiter um die richtige Technik zu lernen, da ihnen die natürliche Stimme auffiel, die ich als Geschenk der Natur betrachte. Zwei Lehrern verdanke ich nun was ich heute kann, denn ohne die richtige Atemtechnik und intensive Übung reift eine Stimme nicht.
Ich betone, es geht mir beim Gesang weniger um das Professionelle als darum andere glücklich zu machen, Stimmung zu machen, positive Atmosphäre zu schaffen. Wir wollen doch alle nur glücklich sein.

Das ist richtig! Also spielt die Musik bei der Entstehung Deiner Bilder eine große Rolle? Und welche anderen Quellen der Inspiration nutzt Du noch?

Die Musik ist sehr wichtig wie ich schon sagte – und das gilt im Allgemeinen genauso wie im Spezifischen, denn jeder Mensch hat seine eigenen Vorlieben und sucht sich auch in der Musik das, was zu ihm passt. Die grundlegende Inspirationquelle für die Malerei ist die Musik für mich jedoch nicht, da gibt es andere Quellen die mindestens so aufregend sind. Zum Beispiel die Meditation, die Träume, die Natur  zu beobachten, das Gebet, gute Bücher u.a. mehr. Ein kreativer Mensch wird sich nie in ein Schema pressen. Wir sind geistige Rebellen, wir suchen stets das Besondere, das Gordischer Knoten, 2003Außergewöhnliche – den ultimativen Kick, salopp ausgedrückt. Ich gehe nicht zu vielen Partys und brauche auch keinen Alkohol um mich einzustimmen, aber ich gestehe, dass ich die Gesellschaft von Menschen genieße. Wir sollten mehr miteinander reden – es würde jedem gut tun, denn erst wenn wir mit anderen viel Zeit verbringen, merken wir wie ähnlich wir uns sind und damit relativieren sich auch unsere Probleme. Auch dies ist also eine Quelle der Inspiration, z.B. mit älteren Menschen zu reden, das liebe ich. Die Weisheit, die durch die Lebenserfahrungen erworben wurde, ist ein kostbares Gut, das versuche ich von den Älteren zu lernen. Und von den Kindern die Leichtigkeit des Seins, fröhliches Lachen … große Hoffnungen und Träume … das macht gesund. Wir grübeln zu viel und stellen uns gerne in den Mittelpunkt, aber so wichtig sind wir gar nicht! Wenn ich male ist es wichtig, alle Probleme etwas auf Abstand zu halten. Viele Künstler vergessen das. Sie legen unbewusst in ihre Arbeit nicht nur eine Idee, oder Farben und Formen, sondern auch all ihre Lebensprobleme. Man kann dies dechiffrieren! Malerei ist nicht nur Psychotherapie für die Seele! Nach Möglichkeit sollte unnötiger Ballast vorher abgeworfen werden. Tut man das nicht, so wird der Ballast in den Bilder landen und diese sehen dann manchmal unharmonisch aus. Ich habe kein allgemein gültiges Rezept für andere, aber ich persönlich finde es sehr wichtig zu verzeihen. Seelischen Müll zu entfernen ist eine der höchsten göttlichen Tugenden. Dann bleibt wieder viel Platz im Kopf für neue, positive Ideen. Die Musik hilft mir z.B. auch dabei. Sie transportiert meine Gefühlsregungen. Sie löst Selbstheilungsprozesse aus, genau so wie ein gelungenes Bild, das endlich nach langer Zeit beendet wurde.

Ewiger Rhythmus, 2009Deine Bilder sind also quasi wie Tagebücher, sichtbar gemachte Schritte auf dem Weg der Selbstfindung, der Bewusstseins-Erweiterung und des Arbeitens an Dir als Mensch. Ist es wichtig für Dich, dass der Betrachter mit dem, was Du in einem Bild ausdrückst oder verarbeitest, in Resonanz geht, dass er also ebenfalls eine Bereicherung für die Entwicklung seines eigenen Mensch-Seins daraus zieht?

Eine wundervolle Frage. Sicherlich ist in erster Linie der eigene Reifeprozess vordergründig. Es geht mir in der Kreativität stets um zwei Dinge. Erstens um den technischen Fortschritt basierend auf früheren Erfahrungen. Also stets etwas Neues auszuprobieren. Hierüber könnte man sehr lange diskutieren, da jede Technik eine Vielfalt und eine Begrenzung gleichzeitig in sich birgt und beides ist Gold wert aus der Sicht der Stilistik! Zweitens ist jedes Bild ein neues geistiges Kapitel das man öffnet, vor allem wenn das Thema frei gewählt wird und wenn die Seele etwas zu sagen hat. Also nicht bloß ein Motiv das wir in der Natur finden, was mindestens genauso schön sein kann. Ich mache beides, weil nur hochphilosophische Bilder zu malen führt zu Schwermut und sollte nicht zur Heilung der Psyche dienen, sondern aus purer Freude an der Schöpfung geschehen, die uns schier unbegrenzte kreative Möglichkeiten vorzeigt. Es wird einem fast schwindlig davon. Gott hat sich echt viel Mühe gemacht als er die Dinge in Gang gesetzt hat. Da folge ich der Erkenntnis des Teilhard de Chardin (1881-1955), der meinte, Gott habe die Welt nicht einfach erschaffen, sondern alles dafür getan, daß sich die Schöpfung unentwegt weiter entwickelt. Diese Art von Schöpfung ist Waechter der Vergangenheit, 1998Freiheit par excellence! Chardin war ein Denker und Mystiker der Extraklasse. Gott hat auch an den Künstler gedacht, der sein Werk fortsetzt und nachempfindet wie es ist, Neues zu schaffen … ganz schön schwierig! Für mich ist eben die Kreativität etwas Göttliches.

In der Tat freue ich mich sehr, wenn ich Menschen auf derselben Wellenlänge finde, die ähnlich empfinden wie ich. Man fühlt sich bestätigt. Ich rate jedem, ein Leben lang an sich zu arbeiten. Es ist eine der schönsten Tätigkeiten und man kann es in jeder Sekunde des Lebens tun und jederzeit damit anfangen – wann immer man will. Die Malerei hilft mir, die Quelle zu öffnen und das was ich zu sagen habe soll wie ein Geschenk für die Menschen sein. Mich bewegen so viele Gedanken. Doch ich muss zugeben, dass ich sehr bescheiden geworden bin, denn die tollen Bilder die ich mir im Geiste vorstelle und die ich malen möchte, die sind nur mit sehr hohem zeitlichen Aufwand machbar! Inzwischen freue ich mich schon wenn ich ein schönes Detail richtig hinkriege. Auch dies ist ein hoher Erfahrungswert, dass man sich im Leben nicht zu viel vornehmen soll, denn man kann an der eigenen Perfektion auch zerbrechen. Also, nach Möglichkeit stets Goldene Sphynx, 2003locker an die Aufgaben herantreten und sich nur soviel vornehmen, wie machbar ist. Die kleinen Erfolge sind wichtiger als ein großer nach Jahren … Ich weiß nicht wie es den anderen Künstlern geht, aber ich kehre nach einiger Zeit gerne zu denjenigen Bildern zurück, von denen ich schon glaubte sie wären beendet, und dann arbeite ich nochmals daran. Diese Phase der Perfektionierung (nach dem das Bild längere Zeit geruht hat) gehe ich ganz locker an und habe viel Spaß daran. Es sind Momente in denen die Zeit nicht mehr existiert und ich ALL-EIN bin. Eins mit meinem Bild.
Ein Tipp für die Künstler: Vergleicht doch mal diejenigen Bilder von euch, die unter Druck entstanden sind mit denen, die man aus purer Freude malte! Man sollte es kombinieren, denn ohne Druck und den inneren Willen bleibt alles nur eine Idee, aber wer gelernt hat ein Kunstwerk zu liebkosen, der hat mehr davon.

Lachssprung, 2003Das war ein schöner Einblick in die Gedanken und Gefühle, die hinter Deiner Malerei stehen. Ich finde es immer wieder spannend zu hören, was einen Künstler bewegt bevor, während und nachdem er ein Bild gemalt hat.
Möchtest Du zum Abschluss Deinen jungen Kolleginnen und Kollegen noch eine Deiner Erfahrungen mit auf den Weg geben, die besonders wichtig für Deine Entwicklung als Künstler waren?

Zu allererst gratuliere ich allen Künstlern die sich in der heutiger Zeit nicht beirren lassen, an sich selbst glauben und das malen was ihr Herz begehrt, statt modischen Einflüssen zu folgen. Dies ist die Voraussetzung für den nächsten Schritt. Wie schon A. Dürer die Einheit von Kopf-Hand-Herz für einen seriösen Künstler voraussetzte, so gilt das ebenso auch noch heute. Kopf = die Gedanken am richtigen Platz haben und den Wissenschatz erweitern, Hand = Handwerk beherrschen, Herz = menschliche Reife zeigen, Erfahrungen auf den Punkt bringen …
Wenn jemand obendrein auch noch ein Idealist ist und dem Leben Positives zu geben weiß, dann Hut ab! Die Kunst berührt soziale, kulturelle, ethische und andere Bereiche (heute auch finanzspezifische Märkte wie Anlagen). So ganz frei, wie wir meinen, sind wir nicht. Die Vielfalt muss erhalten bleiben, nicht nur in der Natur, sondern auch in der Breite unserer individuellen Vorstellungen. Deshalb sind die Künstler auch so differenziert. Respektieren wir deshalb diese Vielfalt!
Goldenes Tor, 2007Und zuletzt: Wenn wir unseren Weg, unseren Stil gefunden haben, so versuchen wir es so gut wie möglich zu machen! Das gibt uns Kraft. Verharren wir nicht in der Wiederholung des Gleichen, suchen wir neue Wege die unsere Seele strahlen lassen!
Jedes Talent ist ein Geschenk Gottes, etwas das uns über Wasser hält, uns prägt und uns Eigenständigkeit und Individualität verleiht. Durch die Tätigkeit die wir ausüben geben wir unserem Umfeld etwas von dem zurück, was wir auf dem Weg bekommen haben. Achten wir deshalb darauf, dass es kein Müll wird, sondern etwas das die positive Energie in dieser Welt harmonisch verstärkt oder zumindest eine Bereicherung für diese Welt ist. Vergessen wir nicht: Es gibt genug Kunst auf der Welt, doch Qualität will äußerst hart erarbeitet werden! Kunstfähiges Denken und Handeln ist der Spezies Mensch vor allen anderen Kreaturen gegeben worden. Das ist der Unterschied! Es signalisiert irgendwie den göttlichen Ursprung. Machen wir es sichtbar!

Die Reise zum Anfang der Zeit, 1994Es gibt kaum Künstler die nicht ihre Krise durchgemacht haben. Sie wollten aufhören, weil sie so viele Grenzen und Hindernisse erlebt haben, weil sie andere Menschen mit mehr Begabung getroffen haben, weil sie innere Zweifel hatten etc. Bleibt bitte dabei, malt weiter! Denn durch die Kreativität akkumuliert sich der Körper und der Geist bekommt Flügel. Die eigenen Werke sind Reflexionen unseres Selbst, sie bringen aus der Tiefe unserer Seele Dinge zum Vorschein und befreien uns … und befreien auch andere. Deshalb werden Werke gekauft – weil sie als „Spiegel“ erkannt werden. So wie man sich in einen Menschen verliebt so können auch Werke anziehend sein. Tun wir es. Leonardo meinte: „Will man etwas verstehen, muss man es lieben“. Er ging sogar einen Schritt weiter, wie ich meine: Will man von einem Kunstwerk fasziniert sein, so sollte man es in Liebe entstehen lassen. Dieser Funken ist es, der berührt und auch auf andere überspringen kann – und das wünsche ich jedem.

Informationen und Bildergalerie: www.visionart-malerei.de

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